Das ehemalige Konzentrationslager Buchenwald – eine Stätte der Erinnerung

 

Vorgeschichte
Vergangenes Jahr sollte für die 9. Klassen der Besuch eines ehemaligen Konzentrationslagers stattfinden. Diese Exkursion wird schon seit Jahren an der RRR durchgeführt, damit auch der theoretische Geschichtsunterricht für die Schüler vor Ort lebendig wird. Seit mehreren Jahren fahren die 10. Klassen in die Gedenkstätte Dachau bei München. Dieses Jahr jedoch hat sich Frau Anselm inkl. ihrer Geschichtskollegen dafür eingesetzt, dass dies geändert wird und wir nach Buchenwald (nähe Weimar) fahren. Letztes Jahr haben wir keinen Termin mehr bekommen (die Nachfrage für eine Führung in Buchenwald ist sehr groß), dann jedoch war es endlich soweit, Dienstag 28. November 2006.

Reiseablauf
Pünktlich um 7:45 Uhr war Treffpunkt für die Abreise mit dem Bus Richtung Weimar. Nach einer rund 3-stündigen Fahrt kamen wir an unserem Ziel an. Noch vor Beginn der Führung konnten wir die ersten Blicke auf das riesige Areal des Lagers werfen. Neben dem großen Denkmal, das für die rund 56.000 Opfer erbaut wurde, konnten wir auch die Verwaltungsgebäude (früher SS-Verwaltungsgebäude) der heutigen Gruppenleiter von außen begutachten. Die mehrstöckigen Gebäude wurden alle renoviert, um die Verwaltung der Gedenkstätte unter zu bringen. Vor Beginn der Führung stand ein Kinofilm von etwa 30 Minuten auf dem Programm, der die unmenschlichen Lebensbedingungen des damaligen Lagers aufzeigte und uns klarmachte, wie grauenhaft die Menschen dort behandelt wurden. Im Kurzfilm erzählen ehemalige Häftlinge über den grausamen Alltag in Buchenwald, der von stetigem Hunger, Todesangst und Folter begleitet wurde. Der Film berührte und beschäftigte uns auch noch lange danach. Auf dem riesigen ehemaligen Exerzierplatz der SS, der sich vor den Verwaltungsgebäuden befand, wurden wir in vier Gruppen aufgeteilt und durch das ehemalige Lager mit Appellplatz und Krematorium geführt.

Stationen der Führung:

Torhaus
Das Torhaus, das 1937 erbaut wurde, war der einzige Ein- und Ausgang in das Lager, dort hindurch musste jeder Häftling gehen. Es war zugleich Hauptwachtturm, von dessen oberer Plattform das gesamte Lager zu übersehen war. Auf der Eisentür ins Lager steht der sinnentleerte Spruch: "JEDEM DAS SEINE". (Dieser Spruch hat seinen Ursprung bei Marcus P. Cato (234-149 v. Chr.) und lautet im Original:  Suum cuique per me uti atque frui licet – das ist Latein und bedeutet: „Soweit es an mir liegt, soll jeder das Seine nutzen und genießen dürfen“ – Anm. Ans). Der Spruch wurde 1938 in das schmiedeeiserne Tor eingefügt, sodass er vom Appellplatz des Lagers aus lesbar war. In dem ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz wurde der Spruch "Arbeit macht frei" verwendet.
An der Vorderfront des Torhauses befindet sich eine große Uhr mit ca. einem Meter Durchmesser. Die Stunde der Befreiung des Lagers ist im Zifferblatt der Turmuhr festgehalten.

Bunker
Der Bunker befindet sich im Torhaus links vom Eingang. An den Fenstern wurden grüne Kästen angebracht, damit keinerlei Licht in die Zellen fallen konnte. Die Zellen waren nur ca. 2 mal 3 Meter groß, ausgestattet mit einem einfachen Holzbett. In dieser Enge waren circa 3 Häftlinge untergebracht. Die SS folterte und mordete hier auf Befehl des Kommandanten und der Gestapo. In Zelle 1 verbrachten Häftlinge ihre letzten Stunden, bevor sie im Krematorium ermordet wurden. Heute sind zum Teil Gedenktafeln und Fotos von Ermordeten angebracht, um die Nachwelt an sie zu erinnern

Hundezwinger und Zoo
Der Hundezwinger diente Karl Koch (Erster Kommandant des KZ Buchenwald) für private Zwecke. Unser Betreuer erzählte, nach einem Hundetransport ins KZ Buchenwald suchte sich der Kommandant Koch den schönsten aus und brachte ihn in seinen Zwinger. Wenn es aber einmal dazu kam, dass alle Hundeboxen voll waren, dann durften höchstens zwei Hunde zusammen in einen Zwinger, denn "alles andere sei Tierquälerei", so die Worte Kochs. Diese Geschichte erzählte uns der Betreuer, um uns klar zu machen, was ein Mensch in diesem Lager wert war, dass ein Menschenleben dort einfach nichts bedeutete. Auch eine Heizung durfte den Tieren nicht fehlen, schließlich sollten „Kochs Lieblinge im Winter nicht frieren“.
Absurderweise gab es auch einen Zoo! Diesen besuchte Koch meist mit seinem Sohn, um die Tiere zu füttern. Der Zoo befand sich genau gegenüber vom Häftlingslager. Die Häftlinge hatten genauen Blick darauf.

Krematorium
Anfänglich ließ die SS die Leichen im städtischen Krematorium in Weimar verbrennen. Als jedoch die Totenzahl ab 1939/40 immer mehr anstieg, wurden Öfen der Firma „Topf und Söhne“ aus Erfurt gebaut. 10 Öfen diesen Typs wurden auch im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau errichtet.
Die Pathologie beinhaltet einen Raum mit einem Seziertisch aus weißen Fließen, einem selbigen Waschbecken, sowie einem Besteck- und Werkzeugschrank. In diesem Raum wurden früher Experimente mit inhaftierten Menschen gemacht, man hat dort den Toten die Goldzähne heraus gebrochen oder auch Artikel aus gegerbter Menschenhaut für den Privatbedarf der SS angefertigt.
Die Funktion der Genickschussanlage im Pferdestall (außerhalb des Lagers) erklärt ein Modell im Nebengebäude des Krematoriums.

Desinfektionsgebäude
Bevor das Gebäude errichtet wurde, desinfizierte man die Häftlinge auf dem Appellplatz. Als Desinfektionsgrund gab man an, dass die Menschen durch ihre eigenen Kleider und ihrem schmutzigen Körper, Krankheiten mit in das Lager bringen könnten. Um den Säuberungsprozess zu durchlaufen, musste man sich entkleiden und ein Bad in desinfizierendem Mittel nehmen, danach bekam man Häftlingskleidung überreicht. Der eigentliche Zweck „dieser Hygieneaktion“ war, die Menschen, die in das Lager kamen, von Anfang an zu demütigen.

Das kleine Lager
In Ihm wurden Häftlinge untergebracht, die Krankheiten hatten oder für die Arbeit zu schwach waren. Man kann nachweisen, dass dort täglich ca. 100 Menschen ums Leben kamen. Man bezeichnet das Lager auch als ein so genanntes „Quarantänelager“.  Es bestand zunächst aus 12 fensterlosen Wehrmachtspferdeställen (40m lang, 9.50m breit). 1200 bis 1700 Menschen wurden in solch eine Baracke gezwängt. Unser Betreuer erklärte, dass die Menschen dort  "gestapelt" wurden. Die Häftlinge hatten eine Art von Etagenbett, in dem sie sich aufhalten konnten. Nur hatten sie gerade mal 50cm Platz, bis die nächste Etage kam.

„Goethe-Eiche“
Zwischen Häftlingsküche und Wäscherei stand eine alte Eiche, in den Karten als "Dicke Eiche" bezeichnet. Diese hatte die SS beim Kahlschlag für den Bau des Lagers verschont. Häftlinge nannten sie in Erinnerung an die häufigen Besuche Goethes auf dem Ettersberg "Goethe-Eiche". Der große Dichter (geboren in Weimar) soll mit Frau von Stein mehrmals darunter gesessen haben. Im August 1944 wurde sie durch Bomben beschädigt und danach gefällt; der Baumstumpf ist erhalten.

Nachwort
Mit 110 000 Häftlingen war das Konzentrationslager Buchenwald Ende Januar 1945 das größte unter den noch bestehenden Konzentrationslagern.

JAMM, (überarb. Ans), Fotos: Anselm