Rotzen beim Torschuss: Warum spucken Fußballer?

Ein Erklärungsversuch von Frau Anselm


Nirgendwo wird so viel gespuckt wie beim Fußball. Das finde ich echt ekelig! Spucken gehört heutzutage zum gewohnten Ton auf dem Fußballplatz. Komisch – ich glaube, dass das
„Speien nach vertaner Torchance“ (Sorry, liebe Männer J) eine typisch männliche (schlechte) Angewohnheit ist, denn ich habe noch nie eine weibliche Fußballerin spucken sehen. Alleine die Vorstellung, dass die Fußballer sich bei den zahlreichen Fouls in ihrer eigenen „Spotze“ wälzen, lässt bei mir leichte Übelkeit aufkommen.
Das Schlimme daran ist, dass sich Fußballer nicht ihrer Vorbildfunktion für Jugendliche bewusst sind. Die Unsitte des flegelhaften Ausspeiens wird leider von unzähligen Jugendlichen im Land nachgeahmt.
Der Journalist Broder-Jürgen Trede hat sich schon lange vor mir mit diesem rotzigen Thema beschäftigt und schreibt, dass der Sportpsychologe Heinz-Georg Rupp das Spucken als
"symbolischen Akt der Befreiung von Blockaden" sieht. Nicht von ungefähr sei es besonders häufig dann zu beobachten, wenn sich der Spieler als Versager fühle. Nach vergebenen Torchancen etwa dokumentiere der Spieler durchs Ausspucken: "Es geht weiter, ich hab’ mein Rohr wieder freigelegt, beim nächsten Mal klappt es besser." Ähnlich verhält es sich bei Ein- und Auswechslungen. Die erste Handlung eines neuen Spielers ist oft das Spucken, quasi eine Besamung des Spielfelds nach dem Motto: "Jetzt will ich das Spiel befruchten." Und derjenige, der hinausgeht, markiert dann gerne noch ein allerletztes Mal sein Revier, als wolle er sagen: "Niemals geht man so ganz. Etwas von mir bleibt hier."
So großzügig man bei dem „Auswurf beim Einwurf“ ist, so wenig Spaß versteht die Fifa, „wenn sich der Speichelfluss gegen Personen richtet. Anspucken gilt als ultimative Beleidigung, als seelische Körperverletzung, als abgeschmackteste Form des versteckten Fouls, weil es auf die Menschenwürde im gegnerischen Trikot abzielt. "Etwas Schlimmeres als Spucken gibt es nicht im Fußball", erklärt stellvertretend für nahezu alle Akteure Volker Roth, langjähriger Vorsitzender der Uefa-Schiedsrichter-Kommission. Spuckattacken werden gnadenlos auch nachträglich und unter Zuhilfenahme des Videobeweises geahndet.“

H
ier ein paar Beispiele der größten Rotzbengel:

Tor
Fabien Barthez
(Frankreich/Olympique Marseille), Tor
12.02.2005 Freundschaftspiel vs. Wydad Casablanca (1:2)
Opfer: Schiedsrichter Abdallâh El Achiri
Ausführung: 80. Min: Spielabbruch nach Handgemenge, bereits ausgewechselter Barthez stürmt den Platz und bespuckt Schiedsrichter
Konsequenz: Platzverweis, 6 Monate Fifa-Sperre

Abwehr
Frank Rijkard

(Niederlande), Abwehr
24.06.1990 WM-Achtelfinale vs. Deutschland (1:2)
Opfer: Rudi Völler
Ausführung: nach Platzverweis 2 Rotzqualster in Gesicht und in hohem Bogen in die Lockenpracht
Konsequenz: 3 Spiele Fifa-Sperre

Mittelfeld
Lincoln
(Brasilien/Schalke 04), Mittelfeld
02.08.2005 Ligapokalfinale vs. VfB Stuttgart (1:0)
Opfer: Thomas Hitzlsperger
Ausführung: Sprühspeichel in den Mund
Konsequenz: Platzverweis, 4 Spiele DFB-Sperre

Es gibt zahlreiche Beispiele dieser widerlichen Spuckattacken. So stelle ich am Ende dieses Artikels fest, dass es keine Erklärung für dieses rein männliche „Spei-Phänomen“ gibt. Reines Imponiergehabe? Blockadebefreiung? Frustabbau? Egal was es jetzt genau ist, ich hasse nichts mehr im Leben als schlechtes Benehmen - sowohl auf dem Spielfeld als auch in der „freien Natur“. Das muss auch mal gesagt werden.

P. S. Trotz Unverständnis in dieser Sache bleibe ich leidenschaftlicher „Clubberer“
J