Street painting

 
Stellt euch einmal vor, ihr spaziert nichts ahnend die Straße entlang und plötzlich blickt ihr in die unermesslichen Tiefen eines Abgrunds; auch kann es passieren, das mitten in der Fußgängerzone eine Frau quietsch vergnügt in ihrer Badewanne planscht. Nein, weder noch spielen eure Augen euch einen Streich, noch seid ihr verrückt.
 

 
Für solche und ähnliche Phänomene gibt es nämlich eine ganz logische Erklärung: 3-dimensionale  Straßenmalerei, auch bekannt als „Street painting.“ Hierbei erschaffen die Künstler neue Welten, und das mit Kreide. Da kann es schon mal passieren, dass mitten in New York ein Dschungel aus dem Asphalt wächst.
 

 
In Europa ist diese Kunst schon seit dem 16. Jahrhundert bekannt. Die Geschichte der Straßenmalerei ist eng verbunden mit der langen und reichen Tradition der italienischen Prozessionskunst. Dabei wurden mit farbigem Sand sowie mit Blütenblättern kunstvolle Bilder geschaffen. Später verwendete man Holzkohle und Tafelkreide.
In den letzten 30 Jahren begannen junge Künstler die Straßen mit selbst hergestellten Kreiden und Pastellen zu bemalen. Sie brachten neue Ideen, Techniken und Begeisterung für diese schon fast verlorene Kunstform.
Streetpainter arbeiten oft Tage oder Wochen an einem einzigen Bild. Natürlich spielt das Wetter nicht immer mit, Regen kann die Arbeit leicht zerstören. Manchmal schützen die Künstler ihre Bilder durch Planen, doch meistens nützt dies auch nicht viel, wenn es ein länger andauernder Schauer ist. Es gibt Ölkreiden, die relativ wasserfest sind, doch  diese sind auch somit hinterher schwer zu entfernen, und kein Künstler hat Lust Bußgeld und die Reinigungskosten zu bezahlen.
 

 
Nicht nur das Wetter und die Kreiden spielen eine wichtige Rolle, sondern auch die Beschaffenheit des Untergrunds. Der Boden darf nicht zu rau sein, denn Details lassen sich sonst nicht gut ausarbeiten und für die Finger ist es sicherlich auch keine Wohltat. Zu glatt darf er allerdings auch nicht sein, die Kreide würde sonst nicht richtig haften. Ideal sind normale Gehwegplatten oder abgenutzter Asphalt.
In manchen Städten ist Street painting verboten, man kann also nicht nach Lust und Laune die Straßen durch seine Gemälde unsicher machen. In München darf zum Beispiel nur auf Leinwänden, Pappe etc. gemalt werden. Dort ist auch täglich eine Genehmigung notwendig und der Künstler ist an bestimmte Zeiten gebunden.
 

 
Es gibt Straßenmaler, die sich ihre Kunst zum Beruf gemacht haben. Sie werden von Werbeagenturen gebucht um malen dann auch dementsprechende Motive auf den Asphalt. Wenn man sein Fach wirklich beherrscht und populär ist, kann man davon gut Leben. Die Anzahl der richtigen Streetpainter ist in Amerika und Italien durchaus höher als in Deutschland, wo es vielleicht gerade mal 10 sind.

Da bleibt nur zu hoffen, dass diese außergewöhnliche Kunst nicht wieder in Vergessenheit gerät und weiterhin den grauen Asphalt dieser Welt in bunte Kunstwerke verwandelt. 

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